Parthenocissus tricuspidata

und Parthenocissus quinquefolia; Jungfernreben, Wilder Wein, Mauerkatze, Veitschrebe,Veitschi usw.

Der Wilde Wein – die sogenannte Jungfernrebe – ist offenbar eine rätselhafte Pflanze …;-)
Die aktuell im Netz befindlichen Quelle erscheinen großteils ungeordnet und zum Teil sogar widersprüchlich. Mitunter wird Wilder Wein gar als „rankende Schlingpflanze“ bezeichnet. Einig ist man sich offenbar nur hinsichtlich der allgemein als schön bezeichneten Herbstfärbung und mehrheitlich wird immerhin zwischen P. quinquefolia ud P. tricuspidata unterschieden. Aber spätestens an der Frage, wie der fünflappige Wein klettert, scheiden sich einige Geister recht grundlegend. Hier muss man wohl mal genauer hinschauen…

Parthenocissus tricuspidata - Wilder Wein, dreilappig

Parthenocissus tricuspidata - Wilder Wein, dreilappig

Das obere Bild zeigt den dreilappigen Wilden Wein „Parthencissus tricuspidata“. Er klettert zuverlässig mit Haftscheiben, die sich an den Enden sprossbürtiger, lichtfliehender Ranken befinden. Ob die Pflanze beim Anbieter als Parthenocissus tricuspidata mit dem Zusatz ‚veitchii‘ bezeichnet wird oder nicht, spielt hinsichtlich der Eigenschaften offenbar keine Rolle. Er bildet grundsätzlich Haftscheiben. Soweit ich das recherchieren konnte, stammt Parthenocissus tricuspidata aus Ostasien, d.h. er ist in Japan, China und Korea heimisch .

Hinsichtlich der von mir bevorzugt betrachteten begrünungsrelevanten Aspekte bin ich etwas verwundert, dass offenbar folgendes kaum Beachtung findet:
Wuchsorientierung:

Parthenocissus quinqefolia - Wilder Wein, fünflappig

Parthenocissus quinqefolia - Wilder Wein, fünflappig

Im Gegensatz zu anderen Selbstklimmern ist der Wuchs Parthenocissus tricuspigata nicht primär höhenorientiert. Unter einigermaßen gleichmäßigen Lichtverhältnissen breitet sich der Dreilappige Wilde Wein auch horizontal aus – häufig sogar mit leichtem Gefälle. Er erreicht so (auf ausreichend großen Flächen) oft sogar mehr als doppelt so große Breite wie Höhe. Daher sollte er entlang einer Fassade (Wand/Mauer) „sparsam“ eingesetzt werden. Einander später überkreuzende Triebe verschiedener Exemplare verschlechtern den späteren Halt (weniger Flächenkontakt bei mehr Masse) und stören bei evtl. erforderlicher Entfernung von Totholz. Zu enge Pflanzung mag einen schnellen Begrünungserfolg ein wenig wahrscheinlicher machen, gefährdet aber seinen langfristigen Bestand.

Aufgrund des Sanierungsbedarfes, der aus Absturz oder Entfernung jedes Selbstklimmers resultiert, sollten die Aspekte Langzeitaspekte einer solchen Begrünung deutlich mehr Beachtung finden, als eine geringere Flächendeckung in den ersten Jahren.

Der horizontale Wuchs der Dreilappigen Jungfernrebe,“Mauerkatzte“ (Parthenocissus tricuspidata ‚Veitchii‘), wird durch vertikale Strukturierung einer zu bewachsenen Fassade beeinflusst aber nur im Extremfall weitgehend unterbunden (siehe Bild unten rechts). Bei üblicheren Lichtverhältnissen, (Sonne bis Halbschatten) mit z.B. Schatten in Ecken oder hinter Fallrohren, zeigt sich allerdings eine negativ phototrope Orientierung des Wuchses. Die Jungtriebe folgen ggf. dem tieferen Schatten und erst ihre Seitentriebe setzten den Breitenwuchs fort. Horizontale Strukturen einer Fassade (oder Mauer) unterstützen den Breitenwuchs und stellen damit eine (temporär) bedingt wirksame Begrenzung des Höhenwuchses dar.
Der selbstklimmende Fünflappige Wilde Wein (meist Parthenocissus quinquefolia ‚Engelmannii‘) wächst im Vergleich betont vertikal und lässt sich daran kaum beachtenswert hindern. Zur Begrünung schmaler, hoher Flächen sollte daher diese Art/Sorte bevorzugt werden.

Wuchsformen von Parthenocissus tricuspidata (links) und Parthenocissus quinquefolia (rechts) im direkten Vergleich. (Schloss Türnich, mit älteren Kletterpflanzen auch Wisteria, Rosen und Kletterhortensien, Foto 04.07)

Wuchsformen von Parthenocissus tricuspidata (links) und Parthenocissus quinquefolia (rechts) im direkten Vergleich. (Schloss Türnich, mit älteren Kletterpflanzen auch Wisteria, Rosen und Kletterhortensien, Foto 04.07)

Gefährliche, meist scheiternde Ausführung - "Mauerkatze" (P. t.) vor Alu-Trapezblech, hier windgeschützte Seitenwand eines hohen Treppenhauses - Nordausrichtung

Gefährliche, meist scheiternde Ausführung - "Mauerkatze" (P. t.) vor Alu-Trapezblech, hier windgeschützte Seitenwand eines hohen Treppenhauses - Nordausrichtung

Haftwurzelbildung: Offenbar abhängig von der Feuchte einer bewachsenen Fläche bilden Parthenocissus tricuspidata und P. quinquefolia zusätzlich Wurzelansätze aus, die ähnlich wie bei Efeu mehr oder weniger formschlüssig in Unebenheiten der bewachsenen Unterlage verwuchern und ihr Wachstum einstellen solange kein ausreichend großes Angebot an Feuchte und Nährstoffen besteht. Wie bei Efeu und der Kletterhortensie geschieht dies über die gesamte Trieblänge – man nennt diese (solche) Pflanzen daher auch Internodienwurzler. (Im Gegensatz zu Nodien- bzw. Knotenwurzlern, wie z.B. Campsis radicans.) Statt eines schlechteren eigenen Fotos hier ein Link zu www. baumkunde.de.
Die immer noch beste Quelle hinsichtlich Funktion und Wirkungen von Haftwurzeln ist das Fachbuch: „Fassadenbegrünung – Ein Beitrag zur präventiven Schadensvermeidung…“; Althaus, Christoph, 1987; Patzer-Verlag, München.

Funktion der Haftscheiben:

Mastbegrünung mit Kletterpflanzen - Parthenocissus tricuspidata an einer Straßenlampe mit Betonmast

Mastbegrünung mit Kletterpflanzen - Parthenocissus tricuspidata an einer Straßenlampe mit Betonmast

Die Haftscheiben sind Teil eines sehr speziellen RANKORGANES, das m.W. nur von Parthenocissus Arten/Sorten ausgebildet wird. Sie reagieren sowohl lichtfliehend als auch auf Berührungsreize – letzteres aber wie alle Ranken nur temporär im Zuge ihrer Entwicklung. Nach der berührungsempfindlichen Phase ist keine Ranke mehr aktiv, d.h. fähig, durch Formänderung Halt zu gewinnen. Während Ranken üblicherweise auf Berührungsreize mit Krümmung reagieren, sondert die Haftscheibenranke daraufhin an ihren abgeplatteten Spitzen einen leicht ätzenden Kleber ab. Dieser gewährt eine Anfangshaftung die anschließend zusätzlich formschlüssiges Verwachsen mit dem Untergrund ermöglicht. Der Kleber ermöglicht aber auch eine gute Haftung auf relativ glatten Flächen. Sogar auf Glasflächen ist Bewuchs möglich – allerdings nur solange keine höheren Belastungen auftreten. Im Laufe der Vegetatinsperiode verholzt die Haftscheibenranke (so wie viele andere Ranken) stirbt ab und beginnt zu verwittern.

Keine Rankpflanze bildet am alten Holz jemals neue Rankorgane. Daraus resultiert, dass auch jeder haftscheibenbildende Wilder Wein vor allem dort Halt besitzt, wo viel junges Holz auf der Unterlage haftet. In Stammnähe haben viele alte Exemplare keine belastbare Verbindung mehr und oft steht der Stamm dann auch relativ weit vor der Unterlage. Auf kleinen Flächen, um die herum periodisch der Neuzuwachs abgeschnitten werden muss, kann dies bewirken, dass irgendwann die Haftung auf der Fläche ohne Abstützung der Haupttriebe nicht mehr ausreichend ist. Der Halt an einer Unterlage (Wand/Mauer) leidet wie oben beschrieben auch unter den Folgen zu geringer Pflanzabstände.

Unabhängig von diesem Aspekt nachlassender Haftung ist es i.d.R. unsinnig, für Parthenocissus tricuspidata Kletterhilfen vorzurichten. Dies gilt erst recht unter dem Aspekt langfristig relativ kräftig (dick) werdender Haupttriebe. Vorgerichtete Kletterhilfen müssten einen vergrößerbaren Wandabstand haben und damit wären spätere Montagearbeiten vorprogrammiert. Diesen Aufwand investiert man m.E. sinnvoller in eine punktuelle Sicherung nach einigen Jahrzehnten. In diesem Fall ist es wirklich zweckmäßig, künftigen Generationen zu überlassen, welche Maßnahmen sie für erforderlich halten…

Zu Parthenocissus quinquefolia und Parthenocissus inserta

Allgemein wird der aus Nordamerika stammende, fünflappige Wilde Wein als „rankend“ bezeichnet. Aber das ist mindestens ungenau. Die Sorte Parthenocissus quinquefolia ‚engelmannii‘ bildet Haftscheiben aus und trägt entsprechend auch den Namen Mauerwein. Dagegen gilt Parthenocissus inserta als haftscheibenfrei. Dann müsste diese Art allerdings „rein“ sein, was bei Partehnocissus (Sorten) wohl nicht selbstverständlich ist.
Wer Direktbewuchs vermeiden will und dazu einen zuverlässig gerüstkletternden Wilden Wein zur Fassadenbegrünung wünscht, sollte die Parthenocissus inserta (mitunter auch als ;P. vitacea bezeichnet) wählen und möglichst auf Echtheit prüfen. Erkennungsmerkmale sind grüne (statt rötliche) Jungtriebe und Ranken (ggf. ältere), an denen natürlich keine Haftscheiben (bzw. mehrfache Gabelung) erkennbar sein sollten.

Als Hersteller von Kletterhilfen habe ich eigentlich wenig Anlass, mich konkret mit derartigen Fragen zu befassen, aber aus eigenen Beobachtungen muss ich folgern, dass der fünflappige Wilde Wein sowohl „normal“ sprossrankend, als auch mit Haftscheiben rankend klettert. Dabei sind offenbar auch Übergangsformen möglich, z.B. deutlich lichtfliehende einfach gegabelte Sprossranken, die z.B Halt in porösen Steinen oder Putzen finden. Dieses Phänomen beobachte ich an einem Exemplar in Frankreich, das vorrangig an einer Drahtkonstruktion wachsend, keine Haftscheiben bildet aber trotzdem zumindest punktuell an/in Naturstein und rauhem Spritzputz Halt findet.

Die Ranken von Parthenocissus quiquefolia (egal wie sie nun im Detail funktionieren) sind generell kurz, so dass nur relativ dünne Profile umrankt werden können. Für rankenden Wilden Wein kommen daher bevorzugt Drähte, dünne Seile und Stäbe bis ca. 6 mm Durchmesser als Kletterhilfe infrage. Die Art ist ebenso wie die starkwüchsigen Wildformen der Clematis in der Lage, „vorhangartig“ weit herabzuhängen. Daraus können je nach Standort und Schnitt hohe Nassgewichte und Windlasten resultieren. Ob und wie Kletterhilfen für Begrünungen mit Parthenocissus eine sinnvolle Maßnahme darstellen, sollte – natürlich auch sortenabhängig – im Einzelfall entschieden werden.
In derartigen Fragen verweise ich gerne auf meinen jüngeren und vor allem häufiger mit Selbstklimmern befassten Kollegen Sven Taraba – www.fassadengruen.de. Den empfehle ich hier auch ausdrücklich als sorgfältigen Kletterpflanzenlieferanten.

Als weiterführende Information zu eher botanischen Aspekten der Parthenocissus Arten und Sorten erscheint mir der Verweis auf einen englischsprachigen Wikipedia Artikel hilfreich.

Zur Verwendung der selbstklimmenden Parthenocissus Arten und Sorten

Wegen der schlechten Entfernbarkeit von Haftorganresten (hier Haftscheiben, ggf. mit kurzen dünnen Resten der Ranken), sollte die Verwendung von Selbstklimmern sorgfältig überdacht werden. Das gilt insbesondere, wenn die Gefahr besteht, dass sie sich über fremdes Eigentum ausbreiten. Die Rechtsprechung sieht hier den Verursacher in der Pflicht, für Reinigungen, bzw. Instandsetzung aufzukommen, auch wenn der Geschädigte den Bewuchs jahrelang toleriert hat. Die ggf. zu erbringende „spurlose“ Beseitigung von Haftscheiben stellt etwa den gleichen Aufwand dar, wie die Entfernung der Haftwurzeln von Efeu (siehe Efeu).

Totholzbildung an Parthenocissus tricuspidata (Dreilappige Jungfernrebe, "Mauerkatze", "Veitschrebe")

Totholzbildung an Parthenocissus tricuspidata (Dreilappige Jungfernrebe, "Mauerkatze", "Veitschrebe")

Allgemein gelten Begrünungen mit selbstklimmenden Parthenocissus-Arten/Sorten als besonders pflegeleicht und harmlos. M.E. trifft dies nur unter bestimmten Voraussetzungen zu – wesentlich ist z.B. das Vorhandensein einer angemessen großen Fläche zur artgerechten Ausbreitung. Werden kleinflächige Begrünungen mit Parthenocissus-Arten ausgeführt, die ständiger begrenzender Schnitte bedürfen, fördern diese die Bildung von Seitentrieben am älteren Holz in der Fläche. Daraus resultiert längerfristig eine Totholzbildung, die bei mangelnder Pflege erst zu einer abschreckenden Winteransicht führt, später sogar einen brandschutztechnisch unverantwortlichem Zustand darstellen kann. (Vgl. Bild rechts)
Egal, was diesbezüglich werbend verkündet wird: Kultiviertes Grün – und solches muss eine Fassadenbegrünung sein – gibt es nicht von alleine, bzw. „umsonst“! Das gilt auch, wenn die Anlage (Ausführung) zu minimalsten Kosten möglich ist.

Wie alle anderen Selbstklimmer verträgt sich haftscheibenrankender (und ggf. auch „normal“ sprossrankender) Wilder Wein nur sehr bedingt mit „begrünungstechnisch schwierigen“ Fassaden – insbesondere Bekleidungen aller Art. Zwar sieht man immer wieder z.B. Verschindelungen (auch Dacheindeckungen), denen ein Bewuchs mit selbstklimmendem Wilden Wein scheinbar nichts ausmacht, aber die Beispiele für absehbare oder bereits vorliegende (teilweise erhebliche) Schäden sind m.E. deutlich zahlreicher.
Auch wenn ich eingangs dieser Seite im Zusammenhang mit den Wuchsformen der Arten ein (scheinbares) „(Noch)Positivbeispiel“ darstelle, kennzeichnet dieses Bild was üblicherweise zu erwarten ist, bzw eintritt. M.E sollte von solchen Ausführungen wie nachfolgend beispielhaft abgebildet generell abgesehen werden. Einzelne Ausnahmen sind m.E. nur möglich, wo intensive Kontrolle und alle Erhaltungsmaßnahmen auf Dauer wirklich gewährleistet werden können. Unten folgt das Gegenbeispiel….

Fassadenbekleidung mit Aluminium-Trapezblech, hier Westfassade wenig geschützt. Unsachgemäße Begrünung mit Efeu und Dreispitzige Jungfernrebe (Veitschi). Hinterwachsung der Bekleidung

Fassadenbekleidung mit Aluminium-Trapezblech, hier Westfassade wenig geschützt. Unsachgemäße Begrünung mit Efeu und Dreispitzige Jungfernrebe (Veitschi). Hinterwachsung der Bekleidung

Beide Fotos entstanden in einem vor ca. 15 Jahren sanierten Wohnpark. Es wurden zahlreiche Fassadenbegrünungen vorgenommen – die meisten um den Wetterschutz mit Aluminium-Trapezblech zu kaschieren. Zwecks Kostenvermeidung wurden Selbstklimmer gepflanzt – teilweise auch Knöterich, der an diesen klettern sollte. Letzteres hat an einigen wenigen Stellen (bisher) geklappt. Dort bewächst der Efeu Betonflächen.

Die „Blechbegrünungen“ sind mehrheitlich gescheitert – auch wo vermutlich Bewohner seinerzeit Hilfestellungen gaben. Teilweise künden noch kahle verrostete Drähte und Drahtgitter von solchen Bemühungen.

Das Fassadengrün mit Bestand, wirkt wohl mehrheitlich schädigend. Die rechts beispielhaft abgebildete breitere Westfassade wurde mit Efeu und Wildem Wein bepflanzt. Der Halt beider Arten resultiert hier vor allem aus „Verzahnung“ mit der Bekleidung durch Eindringen in Überlappungsbereiche. Offensichtlich verhindern ständige (auch leichte) Windbeanspruchungen, ggf. auch thermische Einflüsse, in Verbindung mit dem Material des Untergrundes die Wirkung der Haftorgane.
Rechts im Bild kommt oben Efeu und darunter Wilder Wein wieder ans Tageslicht. Es ist entweder bereits der Fall, oder nur eine Frage der Zeit, bis die Überlappungsbereiche durch den Dickenwuchs

Älterer, vermutlich mehrfach drastisch gekürzter, Wilder Wein - Wurzelhals

Älterer, vermutlich mehrfach drastisch gekürzter, Wilder Wein - Wurzelhals

der Pflanzen undicht werden und Niederschlagswasser (Schlagregen) hinter diese Wetterschutzbekleidung fließt. Entsprechende Deformationen können schon Triebe mit geringem Durchmesser verursachen.

Das Foto rechts belegt, dass mindestens im Bereich des Sockels und darüber auch Beschädigungen der Unterkonstruktion dieser Fassade (vermutlich Holz) durch die Jungfernrebe zu erwarten sind.

Die Lebenserwartung der Parthenocissus Arten beträgt voraussichtlich über 50 Jahre.