FAQ 1

Kann man Efeu oder andere Selbstklimmer zur Fassadenbegrünung nutzen, aber von der Wand fernhalten?

Bei dieser Frage war ich mir anfangs nicht sicher, ob sie nicht zu „blöd“ ist, um in dieser FAQ aufgewärmt zu werden… Dabei trieb mich wohl auch der Wunsch, dass die grundlegenden Aspekte der Antwort inzwischen unter Kletterpflanzenverwendern bekannt sind.

Da es aber bekanntermaßen keine „dummen“ Fragen, sondern nur dumme Anworten gibt, habe ich zu ihrer aktuellen Bedeutung ein wenig recherchiert. Dabei bin ich u.a. bei Ebay auf Produkte gestoßen, die angeblich den gefragten Zweck erfüllen – „Berankung mit z.B. Efeu ohne Wandkontakt…“.
Solche Versprechungen überleben wohl alle Informationsbemühunge solange selbst Fachleute den Efeu immer wieder eine „Rankpflanze“ (und Efeutriebe „Ranken“) nennen. Auch wenn selbst seriöse Anbieter sogenannter „Ranktechnik“ ihre Kletterhilfen zu Werbezwecken immer wieder mit Efeu dekorieren, trägt dies wenig zur richtigen Beurteilung der Kletterstrategien von Selbstklimmern bei.

Antwort 1

Frei nach Radio Erivan

Im Prinzip ja,

denn man kann theoretisch jede Fassade mit etwas bekleiden, an dem Selbstklimmer Halt finden. Da bieten sich u.a. alle möglichen Verblender, sägerauhe Hölzer u.s.w. an. Für Wilden Wein dürfen es auch glattere Materialien sein. Anschließend kann man sich darüber freuen, dass die Originalfassade zuverlässig (doppelt) geschützt ist.
… aber
letzlich begrünt man dann doch eine Fassade – nur eben eine zusätzlich angebrachte. Man gewinnt – falls überhaupt – im Verhältnis zum Aufwand nichts – bestenfalls nur sehr wenig.

Ein etwas besseres zuverlässig wirksames Verfahren wurde vor etlichen Jahren im Botanischen Garten Bern entwickelt. Man fand heraus, dass Haftwurzeln sich sehr gut in einem speziellen Kunstfasergewebe verkrallen. Bringt man es in geeigneter Weise vor einer Fassade an, ist ein absolut sicherer Halt von Efeu und anderen Haftwurzelkletterern gewährleistet. Über die Funktion als Unterlage für Haftscheiben (Wilden Wein) ist mir nichts bekannt.
Natürlich muss die Anbringung des Gewebes die auftretenden Lasten aufnehmem können und selbstverständlich muss das nur in geringer Breite verfügbare Material so dicht verarbeitet werden, dass es an den Stößen, bzw. Nähten nicht von Triebspitzen durchdrungen werden kann.
Aber auch eine solche „Fassadenschutzverpackung“ stellt einen relativ hohen Aufwand dar und erfüllte nicht unbedingt Jedermanns Vorstellungen von Fassadengestaltung.
Fassadenbegrünung mit Selbstklimmern ohne direkten Kontakt zur Wand ist also im Prinzip machbar, wird aber in der Praxis nicht angewandt. Der Vorteil rechtfertigt den Aufwand nicht, denn i.d.R. sind Kletterhilfen für Gerüstkletterpflanzen für empfindliche Fassaden die bessere Lösung.

Immer noch recht häufig sieht man, dass Fassaden mit Kletterhilfen ausgestattet werden, obwohl Selbstklimmer gepflanzt werden (sollen). Diese Kletterhilfen sind teils völlig wirkungslos (unsinnig), teils immerhin geeignet, um einen Direktbewuchs der Fassade zu stützen oder zu sichern.
Ihre Existenz bewirkt aber in keiner Weise, dass die Selbstklimmer ihre Kletterstrategie ändern. Sie werden weiterhin ihre Sproße lichtfliehend (also in Richtung auf eine Fläche als naturgemäß geeignete Unterlage) entwickeln und dabei Kletterhilfen aus dünneren Latten, Stäben oder Seilen ignorieren. Strukturen, die Flächen aufweisen, oder (wie das o.a. Gewebe) für die Pflanzen eine solche bilden, werden bewachsen. Das sind i.d.R. eben bevorzugt die Wände.

Allerdings kommt es – aus schwer ermittelbaren Gründen immer wieder vor, dass selbstklimmende Kletterpflanzen eine Wand nicht „annehmen“, also darauf keinen Halt entwickeln. Z.B. habe ich seit rund 20 Jahren eine Kletterhortensie, die so wenig Haftwurzeln an der Fassade entwickelt hat, dass sie seit langem durch eine Kletterhilfe gestützt werden muss. Die Beanspruchung der Wand durch Haftwurzeln ist nicht beachtenswert und beschränkt sich auf einen sehr kleinen Bereich oberhab der Pflanzstelle. Es handelt sich um einen Standort vor einer strahlend weiß gestrichenen (rauhen) Wand in einer immer schattigen Ecke. Unter solchen Bedingungen trifft man auch öfter auf Efeu, der nicht oder nur sehr schlecht haftet. Aber eine möglichst helle Wandfarbe am absonnigsten Standort ist i.d.R. kein zuverlässiges Mittel zur Unterbindung von Direktbewuchs mit Haftorganen. Diese Taktik kann evtl. (ggf. auch in Verbindung mit einem großen Wandabstand der stützenden Kletterhilfe) das Problem (sofern es als solches betrachtet wird) mindern, aber keinesfalls zuverlässig lösen.
Abschließende Wertung
Solange die offen liegende Fläche einer Wand, Mauer usw, bzw. eine Fassade, mit Selbstklimmern begrünt werden soll, gibt es keine sinnvolle Methode zur sicheren Verhinderung eines Direktkontaktes von Pflanze und Wand. Man muss sinnvollerweise die damit verbundenen Einflüsse (Haftorgane auf der Fassade, ggf. Einwirkungen von Lasten) in Kauf nehmen.