FAQ 5

Vorteile und Nachteile der Haftscheibenranker (Wilder Wein) und der Haftwurzelkletterer (z.B. Efeu)

Antwort 1

Begrünungsmotiv und Standort entscheiden

Die Frage, ob eine Fassadenbegrünung durch Direktbewuchs besser mit einen Haftscheibenranker oder einem Haftwurzelkletterer ausgeführt werden sollte, kann ganz sicher nicht pauschal oder allgemeingültig beantwortet werden.
Beide Klettertechniken gewähren i.d.R. sicheren Halt auf allen Fassaden, die zum Direktbewuchs geeignet sind. Haftscheiben werden allerdings nur von Parthenocissus-Arten/Sorten ausgebildet, während einige sehr unterschiedliche Arten mit Haftwurzeln klettern. Der Vergleich zwischen Haftscheibe und Haftwurzel wird also dadurch erschwert, dass eine Haftscheibenberankung kaum variabel ausfällt, während haftwurzelkletternde Alternativen sehr unterschiedlich – sogar gegensätzlich – sein können.

Die beiden Haftorgane

Reduziert man die Betrachtung nur auf die Kletterorgane selbst, dann gilt, dass die Haftscheibe allein auf dem Untergrund meist weniger andauernd sichtbare Spuren hinterlässt. Die von Haftscheiben eines Bewuchses überdeckte Fläche ist kleiner als diejenige, die von Haftwurzeln überdeckt ist. Allerdings haften die Scheiben mittels leicht ätzendem Kleber auch auf sehr glatten Flächen und lassen sich selbst von solchen, auf denen Hafwurzeln keinerlei Halt finden, nicht immer spurlos entfernen. Haftwurzeln hingegen halten aufgrund Anformung. Sie sind daher auf Oberflächen, die ihnen Halt gewähren, auch nur mit erheblichem Aufwand zu entfernen.
Das zeigt sich bereits beim Ablösen des Bewuchses von einer Fläche. Während vor allem ältere Haftscheibenranken eher leicht durchreißen und wenig Substanz an der Wand verbleibt, verbleiben die Haftwurzeln oft in voller Länge an der Fassade. Mitunter lösen sie sich nicht von der Oberfläche, so dass diese beschädigt wird. Das geschieht vor allem bei Anstrichen und dünnlagigen Putzschichten)

In der Praxis wird die hier betrachtete Frage allerdings meist gestellt, weil den Haftwurzeln eine höhere Agressivität gegenüber der bewachsenen Fläche unterstellt wird. Das geschieht häufig – nämlich dann, wenn aufgrund der Gegebenheiten (z.B. Material, Feuchte) Beeinträchtigungen geradezu zwangsläufig eintreten – zu Recht. Nur haben wir es dann nicht mehr mit zu Haftwurzeln verkümmerten Wurzelansätzen, sondern mit sprossbürtigen Wurzeln zu tun. Solche bilden Parthenocissus Arten unter geeigneten Bedingungen ebenfalls aus. Genauso wie bei Haftwurzelkletterern entscheiden standortspezifische Parameter, ob sich ein Wurzelansatz zum inaktiven Halteorgan oder zur „saugenden“ und weiterhin wachsenden Wurzel entwickelt.

Dies zusammenfassend ergibt sich die Erkenntnis, dass Haftscheiben auf glatteren Oberflächen vorteilhaft sind, weil sie dort besseren Halt gewähren.
Sie sind auch dort, wo Haftwurzelkletterer ggf. Putz- oder Mauerwerksschäden verursachen, an sich harmlos. Da aber die Parthenocissus-Arten sich hinsichtlich der Bildung sprossbürtiger Wurzeln nicht wesentlich von Haftwurzelkeltterern unterscheiden, ist dieser Vorteil eher „akademischer“ Art. Fassaden, bei denen aufgrund Rissen und/oder ggf. Feuchte eine schadlose Verwendung von Haftwurzelnkletterern ausgeschlossen scheint, sollten auch nicht mit einem Haftscheibenranker begrünt werden, denn ggf. bilden diese dort auch (Haft)Wurzeln aus.

Haftscheibenranker sind laubabwerfend

Sofern Direktbewuchs gewünscht ist, aber die Glätte einer Wand (oder sonstigen Fläche) die Verwendung eines Haftwurzelkletterers ausschließt, kommt also zu ihrer Begrünung nur eine haftscheibenbildende Parthenocissus Art/Sorte infrage.
In diesem Fall ist man demnach (sofern man sich nicht für eine Gerüstkletterpflenze entscheidet) an einen laubabwerfenden, starkwüchsigen Selbstklimnmer mit relativ hohem Anspruch an die Besonnung gebunden. Der Laubabwurf ist in diesem Fall kein Nachteil, denn häufig wirkt er sich positiv auf die winterliche Wärmebilanz sonnenexponierter Außenwände aus. Dieser Effekt sollte allerdings bei Neubauten nicht zu hoch bewertet werden. Die Funktion wirkungsvoll wärmegedämmter Außenwände wird durch Kletterpflanzen kaum noch messbar beeinflusst.

Selbstklimmendes Immergrün nur mit Haftwurzeln

Eher sonnenabgewandte Fassaden sind für immergünen Bewuchs geeigneter. Alle (in unseren Breiten) immergrünen Selbstklimmer sind Haftwurzelkletterer. Verlässlich kletternde Efeu-Arten und Sorten erfüllen den Anspruch an ganzjähriges Grün großflächig und bieten gleichzeitig auch bei großer Kälte effektiven Fassadenschutz sowie die maximale mögliche Schall- und Wärmedämmung, die sich mit Kletterpflanzen erreichen lässt. Außerdem gedeihen sie überwiegend an absonnigen Standorten zuverlässig.

Wesentlich größere Vielfalt bei Haftwurzelkletterern

Während der erfolgreiche Einsatz des haftscheibenrankenden Wilden Weines zur Fassadenbegrünung höhere Lichtansprüche (Sonne, bestenfalls halbschattige Lagen) und eine Wuchshöhe ab ca 15 m berücksichtigen muss, bietet die größere Artenvielfalt der Haftwurzelkletterer mehr Möglichkeiten zur Auswahl eines situativ angemessenen Bewuchses. (Siehe hierzu auch Tabelle ausdauernder Kletterpflanzen.

Schnittmaßnahmen aufgrund Wuchsform

Gegenüber dem haftscheibenrankendem Wilden Wein bilden alle haftwurzelkletternden Arten dickere Pflanzenpolster aus. Dies wird oft höheren Pflegeaufwand mit sich bringen, denn meist ist eine beschränkte Polsterdicke (z.B. wegen dem Lichteinfall in Fenster oder der Begehbarkeit von Wegen entlang des Gebäudes) gewünscht. Die Beschränkung der Polsterdicke erfodert grundsätzlich Schnittmaßnahmen in der Fläche – je älter und starkwüchsiger eine Kletterpflanze ist, desto häufiger. Bei Wildem Wein ist dieser Aufwand für Schnittmaßnahmen i.d.R. eher unbedeutend.