Beispiel Sanierung

Empfehlungen zum Erhalt (Bestandssicherung) und weiteren Pflege der Fassadenbegrünung eines Verwaltungsgebäudes

Auszüge aus einem Bericht für den Bauherren

Übersicht

Das Gebäude ist – insbesondere im Innenhof und an den südlich orientierten Fassaden -abwechslungsreich begrünt. Die Begrünungen befinden sich teilweise vor Sichtmauerwerk (dort meist vor Fensterzwischenräumen) und vor einer abgestuften, blau bekleideten Fassade mit hohem Fensteranteil an zwei Flügeln des Innenhofes. Hier ist die Begrünbarkeit mittels einer speziellen Kletterhilfenkonstruktion aus drahtseilverstrebten Edelstahlrohren hergestellt worden. Sie erstreckt sich über 13 Pflanzstellen in denen verschiedene Kletterpflanzen miteinander kombiniert wurden.

Bild 1 - Lageplan

Bild 1 – Lageplan

Dieser Bericht beschränkt sich auf die im Lageplan gekennzeichneten Pflanzstellen für die unterschiedlich dringlicher Handlungsbedarf festgestellt wurde. Bei den mit „B“ bezeichneten Pflanzstellen handelt es sich um Direktbegrünungen von Sichtmauerwerk, an denen kein besonderer Handlungsbedarf vorliegt. An den Pflanzstellen „A1-A13“, „C“ und „D“ ist möglichst vor Beginn der kommenden Vegetationsperiode mit Verbesserungsmaßnahmen zu beginnen.

 

Begrünungen vor Sichtmauerwerk (Positionen B – E):

Die Begrünung der Sichtmauerwerke erfolgte überwiegend mit Selbstklimmern (Efeu, auch haftscheibenbildender Wilder Wein). Vor allem an den mit Blechen abgedeckten Fensterbänken kommt es regelmäßig zu Unterwachsungen, die schon seit langem jährliche Schnittmaßnahmen erfordern. Anderenfalls werden die Bleche durch Dickenwuchs angehoben, bzw. an anderen Stellen Bauteile deformiert oder unter Spannung gesetzt. Die deshalb erforderlichen Arbeiten sowie eine Dickenbeschränkung der Pflanzenpolster der Efeupflanzen wurden bisher offenbar in angemessener Weise durchgeführt.

Bild 2, Position C

Bild 2, Position C

An diesen Stellen (Siehe „B“) mit selbstklimmendem Bewuchs sind voraussichtlich keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Sollten allerdings irgendwann Abrisse aufgrund Überalterung auftreten, könnten stützende Kletterhilfen (mit Horizontalstreben) vorteilhaft werden.

Lediglich eine dieser Pflanzstellen im Innenhof, die Position „C“, bedarf akut einer besonderen Bearbeitung. Dort wächst ein schlingendes Geissblatt an Resten eines abgestorbenen und im unteren Bereich bereits entfernten Selbstklimmers (Bild 2). Die hohe und erhaltenswerte Schlingpflanze sollte an einer neu zu installierenden Kletterhilfe befestigt werden, denn aktuell besteht ein hohes Risiko, dass die Pflanze abreisst und dabei Schaden nimmt. Anschließend müssen die abgestorbenen Pflanzenteile entfernt werden.

Auf einigen schmalen und niedrigen Lisenen im Südwesten des Objekts wurde Wilder Wein vor vertikale Metallstäbe gepflanzt. (5 Pflanzstellen dicht nebeneinander, siehe „E“). Diese stellen für den dort unangemessen starkwüchsigen Bewuchs keine Kletterhilfe dar.

Für diesen Standort ist überlegenswert, den Wilden Wein durch kleinwüchsigere Gerüstkletterpflanzen (z.B. Kletterrosen) zu ersetzen. Selbst wenn die auf ca. 5 m Beetbreite verteilten Pflanzen stark kümmern, sind sie für Wandflächen kleiner als 80 cm x 500 cm prinzipiell ungeeignet. Es verwundert daher nicht, dass auch hier der Totholzanteil viel zu hoch ist. Diese Maßnahme ist nicht dringlich, jedoch geeignet, die Attraktivität dieses eingenischten Bereiches deutlich zu steigern.

An der Südfront außerhalb des Innenhofes (Position D) sind Wisterien (Blauregen) jeweils an einem einzigen Vertikalseil aufgeleitet, deren Befestigung unzulänglich ist. Eine der oberen Seilbefestigungen hat bereits versagt. Hier empfehle ich (ggf. ergänzend) neue Kletterhilfen mit drei Vertikalachsen je Pflanzstelle. Eine dreiachsige Kletterhilfe trägt die auftretenden Lasten zuverlässiger als ein Einzelprofil (Seil oder Stange) und erleichtert spätere Verjüngungsmaßnahmen.

Begrünung der bekleideten Fassaden im Innenhof (Positionen A1 – A13)

Bild 3 - Fassadenbegrünungen Pos. A1 - A8

Bild 3 – Fassadenbegrünungen Pos. A1 – A8

Bild 4 - Fassadenbegrünungen Pos. A9 - A13

Bild 4 – Fassadenbegrünungen Pos. A9 – A13

Die begrünungstechnischen Voraussetzungen in Form der installierten Kletterhilfen haben Fehlentwicklungen begünstigt, die bisher nicht korrigiert wurden.

Die Kletterhilfen bestehen aus Edelstahl-Tragrohren mit ca. 50 mm Durchmesser und kräftigen parallel gespannten Drahtseilen im Abstand von etwa 4 cm. Das Tragrohr ist zu dick, um von Ranken umfasst zu werden und wird ebenfalls wegen seiner Dicke nicht regelmäßig von Schlingpflanzen umwunden. Der enge Abstand zwischen Seil und Rohr stellt eine weitere Behinderung schlingender Pflanzen dar. Rankpflanzen nehmen die Seile als Aufleitung solange an, wie die Ranken unbehinderten Zugriff darauf finden. Das ist allerdings fast nur der Fall, wenn solche Seile unbewachsen sind. Nachwachsende Triebe können nur an älteren Zweigen Halt finden, die ihrerseits an langsam aber sicher abreißenden Ranken hängen. Von unten her nachwachsende Triebe können daher nur bedingt größere Höhe erreichen.
Unter diesen technischen Voraussetzungen war es offensichtlich nie möglich, Leittriebe der höherwüchsigen Bepflanzung geordnet den (auch zu wenigen) Kletterprofilen folgen zu lassen. Auch nachträglich stellenweise angebrachte (viel zu enge) Gitter, die wohl vor allem den blattstielrankenden Clematis im Sockelbereich Halt geben sollten, konnten diesen Mangel nicht ausgleichen. Sie stellen inzwischen ein weiteres (obendrein rostiges) Hindernis bei der Ordnung des Bewuchses dar, das entfernt werden sollte.

Bild 5 - Triebgewirr und Totholz einer Clematis montana

Bild 5 – Triebgewirr und Totholz einer Clematis montana

Bild 6 - Rechts: Aufkahlung bei Lonicera henryi links: Kümmernde Fallopia aubertii

Bild 6 – Rechts: Aufkahlung bei Lonicera henryi links: Kümmernde Fallopia aubertii



Durch die insgesamt eher ungeeigneten Kletterhilfen hat sich eine optisch weniger ansprechende Verkahlung im normalen Sichtbereich (unterer, vorderer Bereich, siehe Bilder 5 und 6) gebildet. Erforderliche Schnittmaßnahmen zur Verhinderung von weiterer Totholzbildung (auch durch „Selbsterdrosselung“) und verschattenden Überhängen werden von Jahr zu Jahr aufwändiger und dennoch eher wirkungslos. Eine künftige Zustandsverbesserung wird mit um so höheren Substanzverlusten einhergehen, je länger sie hinausgezögert wird.

Neben den beginnenden optischen Mängeln und den Pflegeschwierigkeiten durch wuchsbedingte Probleme bestehen inzwischen technische Gründe für eine baldmögliche Sanierung, die durch Entflechtung (und teilweise Entfernung) von Haupt- und Nebentrieben erfolgen muss.
Durch Einwachsen und Auslenkung der Seile parallel der Tragrohre treten unbekannte (ohne Messungen nicht ermittelbare) Spannungszustände innerhalb der gesamten Kletterkonstruktion auf. Speziell an den Fußpunkten der „Rankseile“, aber auch in ihrem höheren Verlauf kennzeichnen offensichtliche Auslenkungen und Durchhänge solche Lasteinwirkungen, die vom Umwachsen der Seile und dickenwuchsbedingten Zwängungen verursacht werden. (Siehe hierzu Bilder 7 und 8).

 

Bild 7 - Auslenkung der Rankseile durch Dickenwuchs

Bild 7 – Auslenkung der Rankseile durch Dickenwuchs

Bild 8 - Wegen Auslenkung verzogene Seilklemme

Bild 8 – Wegen Auslenkung verzogene Seilklemme



Mindestens ein Tragrohr (das z.Z. freigeschnittene) weist aktuell eine Verformung (Knick) auf, die höchstwahrscheinlich anfangs nicht bestand. Die konkrete Ursache dieser Deformation (Bild 9) kann allerdings nicht (mehr) festgestellt werden.
Infrage kommen:

  • Ausmittige Belastung durch Pflanzengewichte (inkl. Niederschlag),
  • Windeinflüsse und/oder
  • einseitige Belastung durch ein vom Bewuchs ausgelenktes (zusätzlich gespanntes) Vertikalseil.

Solche Verformungen kennzeichnen ein beginnendes Versagen der Kletterhilfen, bzw. deren unzulängliche Tragfähigkeit gegenüber der Summe auftretender Lasten. Letztere müssen also durch eine (bisher versäumte) Erziehung (hier lineare Leitung) und Volumenbegrenzung der Pflanzen in verträglichen Grenzen gehalten werden. Dazu sind inzwischen radikale Schnittmaßnahmen zwingend erforderlich, bzw. unvermeidlich.

Bild 9 - Knick in der freigeschittenen Kletterkonstruktion

Bild 9 – Knick in der freigeschittenen Kletterkonstruktion

Empfehlungen zu den vordringlichen Sanierungsmaßnahmen im Innenhof

Wesentliche Ziele:

– Beseitigung und Ausschluss von pflanzenverursachten Mängeln an den Kletterhilfen
– Erzielung möglichst linearer und schlanker Wuchsformen und gleichmäßiger Belaubung
– Herstellung eines dauerhaft pflegeleichteren (und damit kostengünstigeren) Zustandes

Vorgehen und Maßnahmen

Zur Erreichung der o.a. wesentlichen Ziele einer Sanierung empfehle ich folgende Schritte in der nachfolgend gelisteten Reihenfolge:

  • Rückschnitt der hochwüchsigen Kletterpflanzen über die gesamte Höhe in Form einer Kürzung aller seitlich herausragenden Triebe auf max. drei Augen.
  • Entflechtung der verbleibenden Haupttriebe – beginnend von oben – möglichst bis zum Boden. Dazu wird es erforderlich sein, etliche lange Triebe zu entfernen, darunter auch solche, die dicht über dem Boden sprießen. Das anzustrebende Ergebnis der Entflechtung sind ein bis zwei möglichst lange schlanke, gerade und vitale Leittriebe je Pflanze, die sich gut parallel der Kletterhilfen anbinden lassen. Überzählige, abgestorbene und zu krumme steife Triebe sollten so bodennah wie möglich entfernt werden. Die so erhaltenen Leittriebe sind vorübergehend provisorisch so zu befestigen, dass die Kletterhilfen für technische Verbesserungsmaßnahmen zugänglich werden.
    Die hierzu erforderlichen Arbeiten sind absehbar zeitaufwändig und verlangen den mit ihrer Ausführung beauftragten Personen um so mehr Geduld und Sorgfalt ab, als Wert auf Substanzerhalt gelegt wird. Deshalb lassen sich Zeitaufwand oder Kosten nicht vorhersagen.
  • Das Konstruktionsprinzip der Kletterhilfen, sowie die Befestigung am Bauwerk erscheint prinzipiell anforderungsgerecht. Der Abstand zwischen Seilen und Rohren (vgl. Bild 8 ) ist jedoch zu klein. Ohne Vergrößerung dieses Abstandes bleiben alle Sanierungsbemühungen langfristig wenig erfolgversprechend.
    Zur nachhaltigen Verbesserung der Pflegemöglichkeiten sollte die Anzahl Seile je Tragrohr erhöht werden. Dies ließe sich mit neuen Klemmen (wie in Bild 10 skizziert) realisieren.
Bild 10 - Skizze zum Verbesserungsvorschlag

Bild 10 – Skizze zum Verbesserungsvorschlag

Außerdem empfehle ich, für alle schlingenden Pflanzen keine Seile, sondern (steife) Edelstahl-Rundstäbe (D = 8 mm oder 10 mm) zu installieren. Diese Stäbe sollten dann ca. 300 cm lang sein und nicht durchlaufend, sondern jeweils im Abstand von ca. 20 cm hintereinander montiert werden. Für alle Schlingpflanzen sollten die dünnen Kletterprofile erst in mindestens 200 cm Höhe über dem Boden beginnen. Bei Bedarf kann zwischen Boden und unterster Klemme zur Aufleitung junger Triebe ein leicht verrottendes Seil (Schnur) gespannt werden. Je provisorischer solche Aufleitungen im wurzelhalsnahen Bereich sind, desto sicherer werden speziell die im Stammbereich konzentriert auftretenden dickenwuchsbedingten Spannungen ausgeschlossen.

Für die rankenden Pflanzen (Clematis montana, Wilder Wein, ggf. Vitis Arten) können weiterhin durchlaufende Drahtseile (von denen ggf. etliche frei werden) benutzt werden. Diese sind unter geringer Vorspannung zu montieren. Endklemmen sollten nicht starr gegen Verschieben gesichert werden. Wenn sie unter einer gewissen Seilspannung verrutschen können, ist es unwahrscheinlich, dass ein Tragrohr (oder dessen Befestigung) durch Überlastung Schaden nimmt.

  • Nach Verbesserung der Kletterhilfen können die (möglichst lang) erhaltenen Leittriebe daran befestigt werden (lockere, ggf. elastische Anbindung). Zentrale oder symmetrische Anordnung (je nach Anzahl) sollte bevorzugt werden.
  • Langfristig sollten Schnittmaßnahmen so ausgeführt werden, dass an jedem verfügbaren Vertikalprofil (Rohr, Stab oder Seil) maximal zwei Triebe bis zur Dicke von ca. 2/5 des Abstandes zwischen Rohr und Seil/Stab wachsen. Ist dieses Maß erreicht, sollte das tragende Profil (aber jährlich je Kletterhilfe höchstens eines) bis zum unteren Ende freigeschnitten werden, so dass ein neuer Trieb daran aufgeleitet werden kann. Auf diese Weise stellt sich ein Turnus ein, der den langfristigen Erhalt eines schlanken, linearen und vitalen Bewuchses erleichtert. Prinzipiell ist darauf zu achten, dass sich keine dickeren Seitentriebe schlingender Pflanzen bilden, die zwei oder mehr Führungsprofile umwinden.

Der alljährlich erforderliche Schnitt ist aufgrund der aktuellen Artenwahl teilweise im Frühjahr, teils im Herbst erforderlich. Die am vorjährigen Holz blühenden Clematis montana sollten regelmäßig kurz nach der Blüte geschnitten werden. Bei den anderen Arten stellt der Spätherbst einen hierzu geeigneten Zeitraum dar

Neben diesen beiden „Hauptschnittterminen“, für die eine Hubarbeitsbühne eingesetzt werden muss, können im Sommer und Herbst kleinere Schnittmaßnahmen erforderlich werden, weil ggf. einzelne Triebe die Funktion von Verschattungseinrichtungen (Jalousien) stören. Diese Schnittmaßnahmen sollten mit langstieligem Werkzeug von den betroffenen Fenstern aus möglich sein.

Unter Beachtung dieser Vorgaben werden sich Aufwand und Kosten der jährlich erforderlichen Schnittmaßnahmen langfristig in überschaubaren Grenzen halten.

Wertung der empfohlenen Maßnahmen

Der aktuelle Zustand sieht zwar sicherlich im belaubten – und erst recht im blühenden Zustand – im großen Ganzen (noch) überwiegend ansprechend aus, sollte aber sowohl aus statischen, als auch pflegetechnischen Gründen nicht beibehalten werden.
Auch hinsichtlich der Grüngestaltung versprechen die dargestellten Vorschläge eine nachhaltige Verbesserung. Die empfohlene Entwirrung und Verschlankung führt zurück zur ursprünglichen Gestaltungsidee, die sich in der Konstruktion der Kletterhilfen darstellt. Danach waren lineare (schnörkellose), hohe und schlanke Strukturen angestrebt.

Die meinerseits für dringlich gehaltenen Entwirrungs-, Verjüngungs- und Verbesserungsmaßnahmen werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit kaum ohne erhebliche Verluste an Biomasse durchführen lassen. Um eine vorübergehende optische Beeinträchtigung zu mindern, empfehle ich trotz der Dringlichkeit, die Sanierungsarbeiten über zwei oder drei Jahre (jeweils im Herbst) zu strecken. Dabei sollten die schlingenden Pflanzen zuerst an die Reihe kommen – auch um ggf. kritische Spannungszustände zu beheben.

Ich schätze, dass es etwa zwei Vegetationsperioden dauert, bis eine entflochtene, triebreduzierte und ggf. um 50% gekürzte vorhandene Pflanze wieder ein Erscheinungsbild aufweist, das dem der ursprünglichen Planung und dem bisher gewohnten entspricht. Neupflanzungen dürften sich optisch nach etwa vier Jahren kaum noch deutlich schwächer als der Altbestand darstellen. Diese temporären Beeinträchtigungen sind für den längerfristigen Bestandserhalt inzwischen leider unvermeidlich. Sie werden aber – ein gewisses Engagement für Substanzerhalt bei der Entflechtung vorausgesetzt – deutlich geringer ausfallen, als bei einer absehbaren Schadensbeseitigung. Diese dürfte in wenigen Jahren nötig werden, falls die hier empfohlenen Maßnahmen aufgeschoben oder gar unterlassen werden.