Lastklassen der (bodengebundenen) Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen

Vereinfachung der Dimensionierung von Fassadenbegrünungen mit Gerüstkletterpflanzen

Es gibt (ab Januar 2018)  die neuen „Fassadenbegrünungsrichtlinien – Richtlinien für Planung, Bau und Instandhaltung von Fassadenbegrünungen“, Ausgabe 2018 (FLL e.V. , Bonn).  Darin wird sehr viel deutlicher als in bisherigen Bearbeitungen der Pflegebedarf dargestellt. Gepflegte Fassadenbegrünung wird u.a. regelmäßig geschnitten, von Totholz befreit und bei Bedarf verjüngt. Somit wird überflüssige Biomasse entfernt und die Posterdicke des Bewuchses angemessen klein gehalten.  Das reduziert die Pflanzengewichte, die anzusetzenden Windlasten und die Möglichkeiten für Schnee- und Eisablagerungen. Die früher angegebenen Maximallasten sind damit also i.d.R. nicht mehr praxisrelevant. Sie treten schließlich nur nach einer  (sehr lang anhaltenden und nicht richtlinienkonformen) Phase der Verwahrlosung von Fassadenbegrünungen auf.

Richtlinienkonforme  Maßnahmen zur Leitung und Begrenzung des Wachstums von Kletterpflanzen an Fassaden erlauben ein vereinfachtes Verfahren zur Abschätzung von Gewichten und angemessener Berücksichtigung der Windlasten. Die gebräuchlichen Arten, deren Wuchsmerkmale ausreichend bekannt sind, können fünf Lastklassen von „sehr leicht“ bis „sehr schwer“ zugeordnet werden. Das begünstigt nicht nur optimalere Dimensionierung, sondern bei Bedarf auch eine bessere Pflanzenauswahl gemäß statischer Erfordernisse.

Lastklassen-Fassadenbegruenung_17

Erläuterungen zur Lastklassenübersicht:

Gewichtsangaben:

Es sind überschlägig und streng schematisch durchschnittliche Gewichte ermittelt worden. In der Praxis weichen messbare und in Einzelfällen gemessene Werte von diesen Angaben erheblich ab.
Dafür die wichtigsten Gründe sind:
1. Die Holzverteilung lässt i.d.R. bodennah höhere und oben geringere Gewichte erwarten.
2. Sehr oft erreichen die Pflanzen nicht die zugrunde gelegten Dimensionen (speziell Triebdicke).

Diesen Angaben liegt zugrunde, dass das Holzgewicht gegenüber dem potenziell möglichem im Laufe der Jahre durch periodisch erfolgende Schnitte wie folgt reduziert wird:
– Lineare Ausführungen (einzelne Kletterstange oder einzelnes sog. „Rankseil“) um 70 %
– Schmale Kletterhilfe um 1 m breit um 50 %
– Flächige Ausführungen (beispielhaft 2 m breit) um 50 %
Das Gewicht pro m² erreicht unter der o. g. Voraussetzung (je nach Relevanz des Holzanteils) zwischen 0,5 m und 1,2 m einen Maximalwert und wird prinzipiell mit größeren Breiten geringer.

Abminderung der Windlasten:

Kletterpflanzen werden in ähnlicher Weise wie Bäume vom Wind durchströmt – auch wenn ihr Laub schindelartig überlappend angeordnet und der Wuchs sehr dicht ist. Die genannten (Abminderungs-)Faktoren für Winddruck und -sog gemäß DIN EN 1991-1-4 Eurocode 1 (ehemals DIN 1055 Teil 4) berücksichtigen, dass stärkere Triebe an Kletterhilfen (oder Wandflächen) fixiert sind und die Pflanzen daher weniger elastisch als Bäume auf Winddruck (und -sog) reagieren können.
Weitere Informationen zur Windbelastung von Fassadenbegrünungen finden sie unter Maximallasten – Windlasten

Allgemeine Anwendungen

Die Lastklassen für Kletterpflanze dienen der Planungsvereinfachung von Fassadenbegrünungen – insbesondere solcher mit Gerüstkletterpflanzen vor „sensiblen“ Fassaden. Hierbei handelt es sich in der Praxis häufig um Fassaden mit WDVS, vorgehängt hinterlüftete oder sonstwie bekleidete Fassaden, bzw. flächenweise bedingt belastbare Wandflächen, z.B. aus Sandwichpaneelen. Die neuen Daten zeigen Möglichkeiten und Alternativen (fast) auf einen Blick
Eine Dimensionierung von Kletterhilfen und deren Befestigungen gemäß den festgelegten Lastklassen bietet obendrein künftigen „Betreibern“ einer Fassadenbegrünung mit Gerüstkletterpflanzen Kenntnis und Sicherheit bezüglich der Möglichkeiten zum Austausch oder zur Ergänzung des Bewuchses.
Ordnet man Kletterpflanzen nach Lastklasse, Kletterform und Wuchshöhe ergibt sich eine hervorragende Übersicht, wie statische Schwierigkeiten mit der Begrünung durch andere Bepflanzungen gemindert oder umgangen werden können. Das betrifft  nicht nur die beiden Lastklassenkriterien Gewichte und Windlasten, sondern hilft auch beim Umgang mit pflanzenverursachten Kräften. Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht u.a. die Korrelation des sogenannten „Starkschlingens“ mit dem Gewicht von Schlingpflanzen. Vor allem bis zu Begrünungshöhen um 10 m weist sie zahlreiche Alternativen zur Verwendung von stark und sehr stark schlingenden Pflanzen auf.

Fassadenbegrünung Kletterpflanzen Lastklassen Planzengewicht

Bekanntermaßen resultieren aus den Kletterformen der Arten prinzipielle Anforderungen an die Struktur der Kletterhilfen. Man kann also i.d.R.  nicht beliebig Gerüstkletterpflanzen an einer Kletterhilfe austauschen. Nicht umsonst unterscheiden Fachleute zwischen „Rankhilfen“ (für rankende Pflanzen) und Kletterhilfen (Oberbegriff). Der nachfolgend verlinkten Tabelle können sie neben Last- und Wuchsaspekten der Kletterpflanzen auch artspezifische Strukturempfehlungen für Klettergerüste entnehmen.

Alphabetisch geordnete Tabelle der gebräuchlichen Kletterpflanzen mit ausführlichen Angaben bzgl. Lastklassenzuordnung, weiteren Gewichtsangaben und Strukturempfehlungen für Klettergerüste